Schöner Platz, gute Steaks

von Jacqueline Vogt

Je schmaler das Programm, desto größer ist das Bestreben, es zu vervollkommnen. So hofft der Gast, wenn er essen geht, ins Steakhaus zum Beispiel. Und wenn irgendwo ein Lokal eröffnet wird, in dem das zutrifft, ist es gut besucht – dass das Publikum nicht bereit sei, für gutes Essen und Trinken zu zahlen, was das wert sei, ist eher eine Klage schlechter Gastronomen mit überteuertem Angebot als Realität.

Dass Qualität schnell Freunde findet, zeigt sich in Seligenstadt auf dem historischen Marktplatz. Die Alte Schmiede dort, nach einer wenig glanzvollen Vergangenheit unter anderem als griechisches Lokal , ist im vergangenen Frühjahr rundum renoviert und mit neuem Besitzer eröffnet worden. Das Etablissement heißt Steakhaus, wirkt aber eher wie ein gepflegtes Restaurant, in dem viele Fleischgerichte auf der Karte stehen. Das Angebot holt jenen Hauch von Klasse, der es aus der Vielzahl von Konkurrenten heraushebt. Ein Spinatsalat zeigt das, zu dem junge Blätter gehören, leicht angebratene braune Champignons und ein Stück Schafkäse, bei dem das Grundthema noch einmal variiert wird: der Käse hat eine Haube aus Pesto, in dem gehackter Spinat ist anstelle von Basilikum. Steaks sind perfekt zart und haben dennoch die unerlässliche Bratkruste, ein Burger in Brötchenhälften, die oben kross und innen nicht zu fluffig sind, ist aus gut gewürztem Hack nicht zu fest gebraten.

Als Beilagen zu den Steaks empfehlen sich die Grillgemüse und die daumenbreiten Pommes frites, die mit ein bisschen frischem Estragon aufgepeppt sind. Wes Geistes Kind die Macher der Alten Schmiede sind, zeigt auch die Sauce Bernaise. Sie hat einen feinen, zwischen Butter, Wein und Ei gut  ausbalancierten Geschmack und eine fast suppenartige Konsistenz, ist nicht cremig-dicklich, als hätte sie eigentlich eine Hollandaise werden sollen. Davon ein bisschen an die Seite eines rare gebratenen Filet Mignon zu gießen, ist ein Genuss (Steaks bis etwa 30 Euro). Dass Fisch und zwei, drei Pastavariationen angeboten werden und die Salate so portioniert sind, dass man sie als Hauptgericht bestellen und das Restaurant insgesamt auch ansteuern kann, wenn einem der Sinn nicht nach Fleisch steht, spricht fur die gastgeberische lntelligenz des Betreibers. Eine berufliche Sozialisation auch in Frankfurter-ln-Lokalen verrät die Tatsache, dass auf der Getränkekarte Frucht- und Gemüsepunsche stehen, die nach Hollywoodstars benannt sind, das kennt man aus Gregor-Mayer-Betrieben (gut: „Marilyn Monroe“, aus frisch gepresstem Apfel, Orangensaft, Fenchel und ein bisschen Honig).

Schön, dass man in der Alten Schmiede mit einem Pils im 0,1-Liter-Format anstoßen kann (Glaabsbräu). Sehr freundlicher und zugewandter Service, kleine, unspektakuläre Weinauswahl. Sie vertrüge um den einen oder anderen richtig guten Tropfen ergänzt zu werden.

Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung | 28.08 2011, Rhein-Main, Seite R5 | Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH 2011
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